„Böllern
als Schützentradition“
Brauchtum: Böllern ist ein gepflegtes Brauchtum und
als Teil des „Schützenwesens in Deutschland“ als immaterielles Kulturgut von der
Deutschen UNESCO-Kommission anerkannt. Es ist Ausdruck der Freude über ein
besonderes Ereignis und ein zeitlich begrenztes, friedliches Jubilieren.
Das Böllerschießen hat auch in der Schützenbruderschaft Rödingen eine Tradition.
Zeitzeugen und auch Unterlagen belegen, dass anlässlich von Festen wie
Pfingsten, Fronleichnam, Schützenfest, Weißen- oder Jubiläums-Hochzeiten,
besonderen Geburts-, Ehren- oder Jubiläums-Tagen in Rödingen geböllert wurde.
Auf dem Bild ist festgehalten, wie 1950 zur Hochzeit von Magda Schiffer und
Heribert Sieben im Mühlenend in Rödingen im Garten der damaligen Familie
Buchacker geböllert wird.
Böllerschießen bei Festen:
Wie das Fahren eines Motorrades, eines Autos oder Ausüben eines lärmintensiven
Sports, ist das Böllern eine freiheitliche Ausübung, die per Gesetz geregelt
ist. Das Böllerschießen ist der “Auge- und Ohrfänger“ für eine öffentliche
Präsentation anlässlich eines besonderen Anlasses.
Oftmals
ist nicht bekannt, was einen erwartet in einem meist öffentlichen Auftritt der
Schützen. Es ist kein bloßes Abbrennen von Feuerwerk, sondern ein in
Jahrhunderten gewachsenes Brauchtum. Daher umfasst das Böllerwesen weit mehr als
die reine Tätigkeit des Schießens selbst. Der Anlass setzt eine Festivität
voraus, somit steht meist eine direkte Tradition dahinter. So vielfältig die
Anlässe dazu sind, so tiefgreifend ist deren Geschichte, so umfassender ist das
Brauchtum rund um das Erzeugen von Lärm. Im Allgemeinen ist Lärm als solcher
verpönt. Doch hier zeigt sich der Reiz des Seltenen und Besonderen. Wer zum
ersten Mal den Blitz und den Donner erlebt, fühlt zunächst oft Erschrecken oder
Furcht. Das wandelt sich schnell ins Gegenteil, wenn das friedvolle Abtun von
Schüssen einem die Augen und Ohren öffnet.
Sicherheit
geht vor: Böllerschützen sind friedliebende und in der Region
verwurzelte Bürgerinnen und Bürger. Mehr als andere halten sie sich an Gesetz
und Ordnung. Die Voraussetzung für die Abgabe von Böllerschüssen erfordert einen
Sachkundenachweis, der durch einem mehrtägigen Kurs mit theoretischer und
praktischer Übung und einer Abschlussprüfung erworben sein muss. Jeder
Böllerschütze wird fortlaufend auf seine Zuverlässigkeit, persönliche Eignung
und die erworbene Fachkunde durch die Behörden beobachtet. Die Böllergeräte und
das Aufbewahren des Böllerpulvers werden regelmäßig von den Behörden überprüft.
Um den Umgang und die Abläufe eines Böllerschießens zu trainieren, werden auch
Trainings durchgeführt. Denn bei einem festlichen Anlass gibt es reichliche
Ablenkungen, die jedoch Böllerschützen nicht aus der Ruhe und von den gewohnten
sicheren Böllern ablenken dürfen.
Die Rohre der Böllern sind aus Stahl oder Gusseisen gefertigt und von der
zulassenden Behörde wird die maximale Böllerpulver-Menge je Rohr festgelegt. Das
Böllerpulver wird in das Rohr geschüttet und von oben mit einem Naturkorken oder
Getreidegries bedeckt. Aus sicherer Entfernung wird der Böller dann gezündet und
aus dem Böllerpulver entsteht Gas, welches den Korken oder Grieß
herausschleudert und dabei den Knall erzeugt. Die alten gusseisernen Böller –
auch Katzenköppe genannt - muten mit dem Haltegriff fasst wie ein Bierkrug an.
Ein solcher ist auch oben auf dem Bild von 1950 zu sehen. Die neuen Böller sind
aus glänzendem Edelstahl gefertigt und zu dritt auf einem Holzbalken befestigt.
Böllern als Ehrengedenken:
Das Böllern ist keine kriegerische Handlung und wird keinesfalls dazu
zweckentfremdet. Nationalistische Tendenzen wie etwa völkische Reden oder das
Vorzeigen von Reichssymbolen werden auf den Böllerveranstaltungen nicht
geduldet! Schützen lehnen Krieg und Gewalt in jeglicher Form ab. Jeder Mensch
hat ein Recht darauf, in Frieden zu leben und sich frei zu betätigen.
Beim Böllerschießen wird oftmals den Opfern von Kriegen, Verfolgung oder
Katastrophen gedacht. Ihnen zu Ehren wird durch eine vorangegangene Rede meist
ein Salut gewidmet. Das Lärmbrauchtum des friedlichen Böllerns diente und dient
zur Ehrerweisung, bringt Freude, Trauer oder Gedenken zum Ausdruck. Oftmals wird
ein Kranz an den Ehrendenkmälern niedergelegt, um an die Schrecken von Krieg und
Verfolgung zu erinnern.
Schließlich ist das Gerät zum Böllern auch keine Waffe. In dieser Form verstehen
die Schützen ihr ureigenes Brauchtum.
Wiederaufleben in 2024:
Die Rödinger Schützen sind froh und stolz, dass sich nach vielen Jahren wieder
Mitglieder gefunden haben, die bereit sind, die erforderlichen Prüfungen
abzulegen und die Tradition des Böllerns zu den großen Festen der Bruderschaft
wieder aufleben zu lassen. So sollen ab dem Jahr 2024 wieder u. a. die Treffen
an den hohen kirchlichen Feiertagen Pfingsten und Fronleichnam, sowie auch das
große Schützenfest im Juli mit Böllerschüssen eröffnet werden.
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